Wenn nicht-medikamentöse Maßnahmen keine Linderung bringen, sollte eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen werden.


Das entscheidende Kriterium für eine Entscheidung zur medikamentösen Behandlung des RLS ist die Schwere der Beeinträchtigung der Lebens- und Schlafqualität aufgrund der RLS-Symptomatik, durch Schmerz, Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit.
Wegen des Risikos einer Augmentation (d.h. einer Verschlechterung der Beschwerden unter der medikamentösen Therapie) sollte die dauerhafte Behandlung in einer möglichst niedrigen Dosierung und so spät wie möglich erfolgen.

Vor Beginn einer medikamentösen Therapie sollten folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • die Diagnose des RLS muss zweifelsfrei feststehen
  • mögliche Grunderkrankungen, die ein RLS auslösen können, sollten ausgeschlossen oder- wenn möglich - bereits primär behandelt sein
  • bei gleichzeitig auftretenden anderen Erkrankungen sollte eine Behandlung dieser Erkrankungen sorgfältig überprüft werden
  • RLS-auslösende bzw. RLS-verstärkende Medikamente sollten abgesetzt bzw. ausgetauscht werden

Wenn Sie Medikamente einnehmen müssen, wird Ihr Arzt gemeinsam mit Ihnen sorgfältig prüfen, welches Mittel und welche Dosierung am besten zur Behandlung Ihrer individuellen Symptomatik geeignet sind.

Quelle: Heidbreder A., Trenkwalder C. et al., Restless Legs Syndrom, S2k-Leitlinie, 2022; Deutsche Gesellschaft für Neurologie und Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 19.07.2023)

Zur Behandlung des RLS sollte in Abhängigkeit von den Blutwerten zunächst Eisen eingesetzt werden. Auch bei einer Verschlechterung des RLS im Behandlungsverlauf oder bei einer Augmentation sollte eine Eisengabe erneut erwogen werden. Ausführliche Informationen zur Eisentherapie beim RLS finden Sie hier.

Die Behandlung mit dopaminergen Medikamenten ist die Therapie erster Wahl (sogenanntes First Line Treatment). Solche Medikamente beeinflussen das dopaminerge System im Gehirn. Zu ihnen zählen L-Dopa (Levodopa) und die sogenannten Dopaminagonisten. Beide werden auch bei der Behandlung des Parkinson-Syndroms eingesetzt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Sie als RLS-PatientIn zugleich an Parkinson leiden. Ein RLS ist auch keine spezielle Form der Parkinson-Erkrankung, sondern eine eigenständige Krankheit. Unterschiede zwischen RLS-PatientenInnen und Parkinson-PatientenInnen gibt es bezüglich der Dosierung: Für die Therapie eines RLS werden geringere Dosierungen verordnet als bei der Behandlung eines Parkinson-Syndroms.

Beim Wirkstoff L-Dopa (Levodopa), der häufig in Kombination mit dem Decarboxylase-Hemmer Benserazid (Restex®, Restex retard®), verordnet wird, handelt es sich um eine Vorstufe von Dopamin, die über die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn gelangt und dort zu Dopamin umgewandelt wird. Die Behandlung mit L-Dopa führt in der Regel bereits nach der ersten Gabe zu einem Nachlassen der Beschwerden. In den für RLS empfohlenen Dosierungsbereichen ist die Verträglichkeit von L-Dopa in der Regel gut. Ferner eignet es sich als zusätzliche Bedarfsmedikation bei längeren Ruhesituationen am Tage (z.B. bei Bus- und Flugreisen, Theaterbesuch, Versammlungen etc.). Die Tagesdosis von L-Dopa sollte 200-300 mg nicht überschreiten, da sonst ein höheres Risiko für eine Augmentation besteht.

Wegen der Gefahr einer Augmentation ist die Behandlung eines RLS mit L-Dopa heute nicht mehr zeitgemäß.

Dopaminagonisten ahmen im Gehirn die Wirkung des Dopamins nach und gleichen so den Dopaminmangel aus. Anders als L-Dopa müssen die Dopaminagonisten im Gehirn nicht erst in eine wirksame Form umgewandelt werden, sondern wirken direkt. Nach ihrer chemischen Struktur werden Dopaminagonisten in sogenannte „ergoline“ und „nicht ergoline“ unterteilt. Nachgewiesen ist, dass ergoline Dopaminagonisten häufiger zu bestimmten Nebenwirkungen wie zum Beispiel zu einer Verdickung der Herzklappen führen können.

In Deutschland sind für die Behandlung eines RLS die Dopaminagonisten Rotigotion (Neupro®) als Pflaster sowie in Tablettenform Ropinirol (Adartrel®) und Pramipexol (Sifrol®) zugelassen.

Übelkeit, Müdigkeit und Kreislaufprobleme zählen zu den häufigsten Nebenwirkungen von Dopaminagonisten. Darüber hinaus kann es bei höheren Dosen zu Impulskontrollstörungen (Verhaltensänderungen) kommen: Man wird süchtig nach Essen oder Sex. Auch Spiel- oder Kaufsucht und Zwangshandlungen sind möglich. Ferner können bei der Anwendung des Medikamenten-Pflasters Hautreizungen auftreten. Eine weitere Nebenwirkung, die bei der Behandlung mit Dopaminagonisten auftreten kann, ist die sogenannte Augmentation. Bei Nebenwirkungen sollten Sie das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt zu suchen.

Die Behandlung eines RLS mit Opioiden ist die Therapie zweiter Wahl (sogenanntes Second Line Treatment). Opioide wirken auf sogenannte Opioid-Rezeptoren im Gehirn, wo sie die Weiterleitung von Schmerzsignalen verhindern. Sie bewirken darüber hinaus durch eine Wirkung auf die k-Rezeptoren im Rückenmarkt auch eine spinale Analgesie. Da Opioide dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, ist ein besonderes Rezept für die Verordnung durch den Arzt erforderlich (BTM-Rezept). Zudem ist eine individuelle sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung durch den behandelnden Arzt notwendig. Opioide sollten nur dann eine Behandlungsoption sein, wenn andere Medikamente nicht eingesetzt werden können.

Bei geringer ausgeprägten RLS-Symptomen kann ein kurz wirkendes Opiat (z. B. Tilidin) zum Einsatz kommen. Gerade für PatientenInnen mit einem schweren bis sehr schweren Restless Legs Syndrom stellt die für die Behandlung des RLS zugelassene feste Wirkstoffkombination von Oxycodon und Naloxon (Targin®) nach dem Versagen der dopaminergen Therapie jedoch eine gute Alternative dar, die neben der Symptomminderung auch zur Verbesserung von Schlafqualität und Lebensqualität beiträgt. Wichtig ist dabei die Anwendung nicht nur abends, sondern eine morgendliche und abendliche Gabe, um einen kontinuierlichen Wirkspiegel beim Patienten zu erreichen. Tramadol ist hingegen wegen seines partiell serotonergen Effekts (Erhöhung des Serotoninspiegels im Gehirn) bei einem RLS eher kontraindiziert.

Als Nebenwirkungen einer Opioidbehandlung können unter anderem ein Schlafapnoesyndrom (Atemaussetzer), Tagesschläfrigkeit, Entzugssymptome, Verstopfung (opioid-induzierte Obstipation) und eine sogenannte opioid-induzierte Schmerzüberempfindlichkeit (Hyperalgesie) auftreten. Zudem besteht bei entsprechender Veranlagung die Möglichkeit einer Abhängigkeitsentwicklung. Daher sind Opioide nicht für Patienten geeignet, die bereits eine Abhängigkeitserkrankung haben. Werden Sie mit Opioiden behandelt und leiden unter Nebenwirkungen, dann sollten Sie das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt suchen.

Darüber hinaus können auch Medikamente zur Therapie einer Epilepsie bei der Behandlung eines RLS zum Einsatz kommen. Hierzu zählen zum Beispiel Gabapentin und Pregabalin (Lyrica®), die sich auch bei der Behandlung von Nervenschmerzen (Neuropathien) als wirksam erwiesen haben. Allerdings sind diese Medikamente nicht für die Therapie des Restless Legs Syndroms zugelassen. Der Einsatz dieser Mittel liegt in der individuellen Entscheidung des behandelnden Arztes.

Eine Atemdepression kann laut der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA unter Gabapentin und Pregabalin bei Patienten auftreten, bei denen bereits andere Risikofaktoren für diese Nebenwirkung vorliegen. Dazu gehört die Anwendung von Opioiden oder anderen zentral dämpfenden Medikamenten wie Angstlösern, Antidepressiva und Antihistaminika sowie Lungenerkrankungen wie die chronisch-obstruktive Lungenkrankheit (COPD). Besonders gefährdet seien zudem ältere Menschen. US-amerikanische Hersteller entsprechender Präparate müssen nun auf Anordnung der FDA einen Warnhinweis auf Atemdepression als mögliche Nebenwirkung in die Fachinformation aufnehmen. In Deutschland enthalten bislang nur die Fachinformationen von gabapentinhaltigen Präparaten einen entsprechenden Hinweis, nicht jedoch die von Präparaten mit Pregabalin.

Es ist bekannt, dass einige Medikamente, darunter Antidepressiva, Neuroleptika, Antihistaminika und Metoclopramid (ein Magenmittel) ein RLS auslösen oder verstärken können. Diese Medikamente müssen, sofern medizinisch vertretbar, durch den behandelnden Arzt abgesetzt werden.