Was Sie als RLS-Patient über Eisen wissen sollten


Eisen ist für den Körper sehr wertvoll. Es erfüllt drei wichtige Funktionen. Zum einen transportiert das Eisen als Bestandteil des Hämoglobins den Sauerstoff im Blut von der Lunge in die Gewebe. Eisen ist zum anderen auch für die Energiegewinnung der Zellen notwendig. Daher kann ein Eisenmangel – auch ohne Blutarmut (Anämie) – zu Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsmangel führen. Drittens benötigen wir Eisen u.a. für die Herstellung von Dopamin.

In den letzten Jahren hat die Erforschung des RLS immer mehr Beweise dafür geliefert, dass Eisen bei der Entstehung und im Verlauf der Krankheit eine wichtige Rolle spielt. Offensichtlich besteht bei Patienten mit RLS eine Eisenaufnahme- und/oder Eisenverarbeitungsstörung im Gehirn. Eisen ist ein zentraler Bestandteil eines Enzyms, das im Gehirn den Botenstoff Dopamin produziert. Hier haben wir den Grund, warum ein RLS häufig zusammen mit Zuständen auftritt, bei denen ein Eisenmangel häufig ist – Schwangerschaft, Dialyse und chronische Entzündungen sind Beispiele dafür.

Es gibt viele Ursachen für einen Eisenmangel. Wenn wir mehr Eisen verlieren, als wir über die Nahrung aufnehmen, leeren sich mit der Zeit die Eisenspeicher und es kommt zu einem Eisenmangel. Dies passiert durch Blutverluste (z.B. Operationen, Monatsblutung), einen erhöhten Eisenbedarf oder einseitige Ernährung (z.B. Vegetarier). Häufig treten ein RLS und ein Eisenmangel im Zuge einer Schwangerschaft auf. Dieser Zusammenhang ist nicht zufällig. Während der Schwangerschaft steigt der Eisenbedarf wegen der Bildung der Plazenta, des höheren Bedarfs an roten Blutkörperchen der Mutter und der Entwicklung des Kindes stark an. Fehlt es an ausreichend Eisen, um den Mehrbedarf zu decken, steht dem Organismus der Mutter ungenügend Eisen zur Verfügung. Durch die Blutungen während der Geburt geht dem Körper noch mehr Eisen verloren und die Eisenmangelsituation nimmt zu.

Ihr Hausarzt kennt die Eisendiagnostik v.a. als Teil der Anämiediagnostik. Anämie bedeutet Blutarmut, gemessen als niedriger Hämoglobinwert (Hb). Darin liegt eine gewisse Gefahr, denn Werte, bei denen Ihr Arzt Ihnen früher gesagt hätte, es sei alles in Ordnung, sind bei RLS-Patienten eben nicht in Ordnung.

Weniger bekannt ist jedoch, dass ein Eisenmangel auch durch chronische Entzündungen entstehen kann, z.B. bei chronischer Herz- oder Nierenschwäche, entzündlichen Darmerkrankungen, Diabetes, entzündlichem Rheuma oder Krebs. Durch die Entzündung kann kein Eisen mehr über den Darm aufgenommen werden. Der Arzt muss bei diesen Diagnosen achtsam sein, da die Serum-Ferritin-Werte nicht mehr verlässlich sind. Sie steigen aufgrund der Entzündung an; dies hat jedoch nichts mit der Füllung der Eisenspeicher zu tun. Bei chronischen Erkrankungen sollte sich der Arzt daher an der Transferrin-Sättigung (TSAT) orientieren.

Serum-Ferritin

Ferritin ist ein Eiweiß, das im Körper als Eisenspeicher dient. Obwohl sich das meiste Ferritin innerhalb der Zellen befindet, ist die Ferritinkonzentration im menschlichen Blutserum eine aussagekräftige Größe für den gesamten Eisenspeicher des Organismus. Über diesen Wert kann der Arzt feststellen, ob die Eisenvorräte im Körper gefüllt, verringert oder gar aufgebraucht sind. Ist dieser Wert zu niedrig, so liegt ein Eisenmangel vor.

Dies gilt allerdings nur, solange keine Entzündung vorliegt, denn dann steigt der Ferritinwert im Serum an – der Körper versucht, den Krankheitserregern das Eisen zu entziehen, indem er es in die Speicher zurückzieht. Ferritin gehört deshalb zu den sogenannten Akutphasenproteinen.

CRP

CRP, das C-reaktive Protein, ist als wichtigstes Akutphasenprotein der Kontrollparameter für Ferritin. Ist das CRP erhöht, weiß der Arzt, dass der Ferritinwert seine Aussagekraft verloren hat.

Transferrin

Transferrin ist ein Transportprotein für Eisen. Es ist ein Anti-Akutphasenprotein. Das bedeutet, dass seine Konzentration im Falle einer Entzündung sinkt – der Körper versucht, die Eisenversorgung der möglichen Krankheitserreger zu unterbinden, indem er den Transport drosselt.

Transferrinsättigung (TSAT)

Transferrinsättigung (TSAT) nennt man den Wert, der sich aus Transferrin und Eisen errechnet und die aktuelle Versorgungslage mit Eisen wiedergibt. Wenn der Ferritinwert (bei entzündungsbedingt erhöhtem CRP) nicht verwertbar ist, wird alternativ der TSAT-Wert herangezogen. Obwohl dieser Wert auch durch die Entzündung beeinflusst wird, ist seine Aussagekraft dennoch höher als der des Ferritins.

Wenn ein Verdacht auf Eisenmangel besteht, wird die Bestimmung von Serum-Ferritin und Transferrinsättigung von der Krankenkasse ganz normal als Leistung übernommen.

Die derzeit gültige RLS-Leitlinie hat für die Blutwerte für den Beginn einer Eisengabe bei RLS einen Serumferritinwert unter 75 μg/l oder eine Transferrinsättigung unter 20 % festgelegt. Das sind Werte, die innerhalb der üblichen Normwerte der Labore für Eisenwerte liegen, so dass auch Werte im Normbereich je nach Höhe angehoben werden sollten.

Liegen Ihre Werte unterhalb der von der RLS-Leitlinie geforderten Höhe, sollte eine Behandlung mit Eisen (Eisensubstitution) in Betracht gezogen werden. Sie können dabei auch selbst etwas für sich tun, wenn Sie auf eine eisenreiche Ernährung achten.

Es gibt zwei Möglichkeiten, den Eisenmangel mit Medikamenten zu behandeln:

Orale Eisenpräparate

Orale Eisenpräparate gibt es als Brausetabletten, Retardtabletten (langsame Freisetzung) und Kapseln mit magensaftresistenten Pellets (Freisetzung erst im Dünndarm). Sie alle enthalten die besser verfügbare Eisen-(II)-Form. Um eine optimale Aufnahme des verabreichten Eisens über den Magen-Darm-Trakt zu gewährleisten, ist die Einnahme zusammen mit Vitamin C (z.B. zusammen mit Orangensaft) sinnvoll. Da der Darm nur sehr geringe Mengen aufnehmen kann, können Eisenpräparate als Nebenwirkung Magen-Darm-Probleme (Verstopfung) verursachen.

Man sollte Eisenpräparate nie zusammen mit Milch, Tee oder Kaffee einnehmen, da diese die Eisenaufnahme verschlechtern können. Ähnliche Wechselwirkungen gibt es auch mit Arzneimitteln, neben Levodopa sind dies Antazida (säurebindende Mittel gegen Sodbrennen) und einige Antibiotika. Hier sollte ein Einnahmeabstand von zwei Stunden eingehalten werden.

Intravenöses Eisen

Wenn Ihre Laborwerte darauf hindeuten, dass die in der Leitlinie geforderte Eisensättigung durch orale Gabe nicht in absehbarer Zeit erreichbar ist, wird Ihr Arzt Ihnen parenterales Eisen anbieten. Parenteral bedeutet, dass das Präparat nicht (oral) über den Verdauungstrakt zugeführt, sondern gespritzt oder als Infusion verabreicht wird, in diesem Fall ausschließlich in eine Vene.

Parenterale Eisenpräparate werden gegeben, wenn orale vollkommen unverträglich sind oder wenn eine sehr schnelle Auffüllung der Eisenspeicher des Körpers notwendig ist. Dabei können dann in der Klinik oder Arztpraxis bis zu einem Gramm Eisen an einem Tag (danach ist allerdings für mindestens eine Woche Pause!) als Infusion verabreicht werden.

Eisen als intravenöse Infusion zu geben, stellt für eine Arztpraxis einen hohen Aufwand dar. Präparate, die so gut verträglich sind, dass ein Gramm Eisen in einer Sitzung verabreicht werden kann, sind teuer und müssen daher oft vorab von der Krankenkasse genehmigt werden. Die Patienten müssen während und bis 30 Minuten nach der Infusion vom Praxispersonal überwacht werden, weil es in seltenen Fällen zu allergischen Reaktionen (anaphylaktischer Schock) kommen kann, die sofortige ärztliche Notfallmaßnahmen erfordern.

Deshalb und wegen des hohen Preises ist die parenterale Gabe von Eisen nie die Therapie der ersten Wahl. Bei RLS-Patienten werden jedoch höher gefüllte Eisenspeicher angestrebt als bei Menschen ohne diese Erkrankung, was durch Infusionen am schnellsten erreichbar und bei weitgehend entleerten Eisenspeichern die oft einzige Möglichkeit ist. Um eine Eisenüberladung zu vermeiden, wird die Therapie durch Blutabnahmen abgesichert, bei denen der Eisenstatus regelmäßig überprüft wird. Bei einem Ferritinwert über 300 μg/l oder einer TSAT über 40 % werden die Infusionen beendet.

Obwohl parenterales Eisen in die Vene und nicht in den Magen verabreicht wird, gehören Übelkeit, Erbrechen und Durchfall zu den häufigsten Nebenwirkungen. Außerdem können Kreislaufreaktionen wie Blutdruckabfall (auch ohne Allergie) sowie Kopfschmerzen und Schwindel auftreten. Von diesen Nebenwirkungen sind aber weniger als 10 % der Patienten betroffen.

Quelle: Heidbreder A., Trenkwalder C. et al., Restless Legs Syndrom, S2k-Leitlinie, 2022; Deutsche Gesellschaft für Neurologie und Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 19.07.2023)

Je nachdem, wie viel Eisen verabreicht worden ist, setzt die Wirkung nach 2-3 Wochen ein. Man braucht etwas Geduld, da das Eisen zuerst in die Speicher gebracht werden muss. Zusätzlich zur RLS-Symptomatik kann sich auch die Leistungsfähigkeit insgesamt verbessern. Viele Patienten fühlen sich nach einer intravenösen Eisengabe schon nach kurzer Zeit viel wacher und aktiver. Dies hat damit zu tun, dass Zellen mit ausreichend Eisen wieder Energie produzieren können.

Link zur Studie Einsatz von i.v. Eisen-Isomaltose beim RLS der Medizinischen Universität Innsbruck, Klinik für Neurologie, Neurologische Schlafmedizin unter der Projektleitung von Prof. Dr. med. Birgit Högl.