Das sogenannte urämische RLS tritt bei Niereninsuffizienz und insbesondere bei dialysepflichtigen Patienten auf.


Die Häufigkeit des RLS liegt vermutlich bei etwa einem Drittel, d.h. einer von drei Patienten mit dauerhafter schwerer Unterfunktion der Nieren ist von unruhigen Beinen betroffen.

Symptome und Lebensqualität

Unangenehme, bisweilen sogar schmerzhafte Empfindungen in den Beinen und ein unwiderstehlicher Drang sich zu bewegen, aufzustehen und sich zu strecken sind typische Symptome des RLS. Diese Beschwerden treten am Abend oder in der Nacht verstärkt auf, manchmal auch nur erst abends und sie werden in der Regel auch dann schlimmer, wenn die betroffene Person zur Ruhe kommt. Somit führen die Beschwerden nicht nur zu Einschlaf-, sondern auch zu Tiefschlaf- und Durchschlaf-Problemen. Die bei vielen Betroffenen auftretenden unwillkürlichen Beinbewegungen im Schlaf reduzieren die Schlafqualität um ein Weiteres.

Die Lebensqualität von Patienten mit Nierenfunktionsstörungen ist aufgrund der Erkrankung häufig bereits in erheblichem Maß eingeschränkt. Hinzu kommt bei etwa 80% der Dialysepatienten ein mangelnder Schlaf. Darüber hinaus tritt während der Dialyse eine weitere Beeinträchtigung bei RLS-Betroffenen auf, da hier der Patient länger ruhen muss, was wiederum die RLS-Beschwerden zu Tage bringt. Dies kann für die Betroffenen sehr belastend sein. Daneben besteht auch ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse.

Ursachen und Verlauf

Die genauen pathophysiologischen Ursachen, die dem urämischen RLS zugrunde liegen, sind noch nicht vollständig verstanden. Neben einer genetischen Veranlagung spielen weitere RLS-auslösende Faktoren eine Rolle. Man weiß, dass sich das RLS gleichmäßig proportional zum Anstieg von Kreatinin entwickelt und nicht durch die Dialyse selbst verursacht wird. Als mögliche Einflussfaktoren gelten u.a. der Grad der Niereninsuffizienz, Eisenmangel, Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen insbesondere bei Frauen, chronische Entzündungen, Schlafapnoe und Neuropathien. Der Verlauf des urämischen RLS ist weitgehend vom Ausmaß der Niereninsuffizienz abhängig, aber auch von den genannten Einflussfaktoren.

Diagnose

Die klinische Symptomatik des urämischen RLS unterscheidet sich nicht von der des primär genetisch bedingten RLS. Es gelten dieselben Diagnosekriterien. Zusätzlich sollten im Labor insbesondere die Werte zum Eisenhaushalt, d.h. Ferritin und Transferritinsättigung, sowie CRP und TSH ermittelt werden. Wichtig sind auch Glucose, die Werte zur Diagnose von Polyneuropathien, der Vitamin B12-Gehalt und Folsäure.

Behandlungsoptionen beim urämischen RLS

Eisenersatztherapie

Eisen spielt eine zentrale Rolle beim RLS, denn Eisenmangel behindert die Dopaminproduktion. Dies gilt insbesondere für Dialysepatienten, die häufig unter einem Eisenmangel leiden. Vor diesem Hintergrund und der Komorbidität eines RLS bei Dialysepatienten muss eine Eisenersatztherapie nicht nur in Betracht gezogen werden, sondern rechtfertigt eine prophylaktische Eisenersatztherapie. Unter Dialysepatienten wurde gezeigt, dass eine proaktive hohe monatliche intravenöse Eisengabe von 400 mg unter der Voraussetzung, dass die angestrebte Transferritinsättigung unter 40% und der Ferritin-Wert unter 700 μg/l bleiben, einer im Vergleich niedrig dosierten und reaktiven Eisengabe überlegen ist.

Die Überlegenheit zeigte sich u.a. in der Reduktion der Mortalität und der kardiovaskulären Ereignisse. Eisenzufuhr dient darüber hinaus auch zur Behandlung der unter Dialyse häufig auftretenden Blutarmut (Anämie). Ihr begegnet man mit der Gabe des blutbildenden Hormons Erythropoietin.

Symptomatische medikamentöse Therapie

Die Symptome des RLS können auch mit einigen der üblichen Medikamente in der Regel gelindert werden. So ist aber eine Therapie mit L-Dopamin aufgrund des hohen Augmentationsrisikos insbesondere bei Eisenmangel zu vermeiden. Bei Dopaminagonisten gilt: da Pramipexol zu 90 % über die Niere ausgeschieden wird, ist bei Dialysepatienten die Anwendung von Pflastern mit dem Wirkstoff Rotigotin, das über die Leber verstoffwechselt wird, zu bevorzugen. Wird Rotogotin wegen Hautproblemen nicht vertragen, so ist Ropinirol eine Alternative. Bei auftretender Übelkeit, kann vorübergehend Domperidon eingenommen werden. Metoclopropamid ist nicht zu empfehlen, da es die RLS Symptome verstärken kann. Opioide sind auch mögliche Medikamente bei RLS, insbesondere in Verbindung mit einer Schmerztherapie. Auch hier sind die Pflaster zu bevorzugen, da der Wirkspiegel gleich­mäßig eingestellt werden kann. Das Antikonvulsiva Pregabalin bildet auch eine Therapiemöglichkeit.

Grundsätzlich gilt, dass der behandelnde Arzt sorgfältig prüfen sollte, welches Mittel am besten zur Behandlung der individuellen Symptomatik geeignet ist und ob, insbesondere mit Blick auf die Dialysebe­handlung und unter Berücksichtigung der Nierenaus­scheidung, Dosisanpassungen nötig sind.

Nicht-medikamentöse Therapie

Eine nicht-pharmakologischen Möglichkeit, die RLS-Symptome zu reduzieren, besteht in der Verwen­dung eines kühleren Dialysats (36 Grad Celsius). Andere nicht-medikamentöser Anwendungen, wie Reflexzonenmassage, Aromatherapiemassage, Übungen am Liegefahrrad oder intradialytische Dehnungsübungen sind in der Wirksamkeit auf die RLS-Symptomatik bisher noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt.

Nierentransplantation

Nach Nierentransplantation bilden sich die RLS-Symptome in der Regel mit dem Normalisieren der Labor­werte zurück.

Ernährung

Durch die richtige Ernährung wird die Niere entlastet. Empfohlen wird eine eiweiß- und eisenreiche Ernäh­rung. Zudem sollten die Speisen einen niedrigeren Anteil an Kalium und Phosphat enthalten, denn diese Mineralstoffe müssen über die Niere ausgeschieden werden. Die Speisen sollten tendenziell salzarm sein, um über die hiermit einhergehende Blutdrucksenkung die Nierenfunktion zu unterstützen. Die Getränkemenge sollte an die Ausscheidung angepasst werden.

Körperliche Bewegung

Regelmäßige Bewegung hält nicht nur gesund, sondern macht auch glücklich. Moderate körperliche Aktivität kann sich auch auf die RLS-Symptome bei dialysepflichtigen Patienten positiv auswirken.

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